Über Kunsttherapie und unser Gesundheitssystem

Auszug aus meiner Abschlussarbeit im Jahr 2019 zur integral-therapeutischen Kunstpädagogin:

Revealing the spirit - Revealing your truth!"

(Enthülle den Geist - Enthülle Deine Wahrheit)

Zur Wirkungsweise von Heilungsimpulsen und Prozessen in der Kunsttherapie. Was macht Heilkunst aus, was einen Erziehungskünstler?

 

Einleitung

„Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren

Sind Schlüssel aller Kreaturen,

Wenn die, so singen oder küssen,

Mehr als die Tiefgelehrten wissen,

Wenn sich die Welt ins freie Leben

Und in die Welt wird zurückgegeben,

Wenn dann sich wieder Licht und Schatten

Zu echter Klarheit werden gatten

Und man in Märchen und Gedichten

Erkennt die wahren Weltgeschichten,

Dann fliegt von einem geheimen Wort - Das verkehrte Wesen fort!“

 

(Novalis)

 

Schön, oder? Klingt wie ein traumhafter Wunsch in einem Märchen, der mit einem Zauberwort oder dem wunderwirkenden Satz unser etwas furchtsames Makrosystem in eine heile und ganze Welt verwandelt!

Vielleicht könnte dies auch Ihr oder Dein Wunsch sein? Na, wir werden sehen, was sich alles in nächster Zeit in unserer äußeren Welt, und in unserem eigenen Mikrokosmos natürlich entwickeln und wandeln wird.

Schließlich ist, spätestens seit der systemischen Aufstellungsarbeit bekannt, dass das richtige Wort. der richtige Satz oder ein passendes Bild eine besondere Kraft entfalten kann.

Auch das Geschriebene kann einen Beitrag dazu leisten, wenn in der Kunstpädagogik beispielsweise mit Märchen oder Geschichten gearbeitet und vorhandene Fähigkeiten sowie Eigenschaften der Teilnehmer sichtbar werden, wie:

  • lösungs- und ressourcenorientiertes Denken
  • Wertvorstellungen 
  • Soziale Kompetenzen
  • Wahrnehmungsfähigkeit (der inneren u. äußeren Welt) und empathisches Vermögen
  • Phantasievolle Kreativität und variables Ausdrucksspektrum

 

Diese Wirkweisen und andere in der Kunsttherapie finde ich, mit ihren vielfältigen Methoden und psychodynamischen Synergieeffekten, faszinierend.

So beispielsweise beim leisen Begleiten des bildnerischen Gestaltens oder im Gespräch  bei psychoedukativen Erkenntnisprozessen,  schweigenden Farbdialogen,  impulsgebend beim Storytelling, meditativer Energie- und Imaginationsarbeit oder durch die Herangehensweise, mit Gegenbildern zu arbeiten, die transformativ oder verbindend wirken.

Des weiteren habe auch ich, ähnlich wie Novalis - „… und man in Märchen und Gedichten erkennt die wahren Weltgeschichten…“ -  einen traumhaften Wunsch:

Dass auch die Kunsttherapie eine größeren Einfluss findet in unserem Gesundheitssystem, so dass nicht nur individuell bei Einzelnen Heilungsprozesse stattfinden, sondern sich diese Erkenntnisprozesse ausdehnen dürfen, in exogene soziale und wirtschaftliche Systeme und darüber hinaus; so dass sich endlich ein deutliches humanistisches Menschenbild herauskristallisiert, das in jeder Hinsicht die Würde des Menschen achtet – frei von Angst, Neid und Wettbewerbsdenken.

Dies forderte auch der Sozialpsychologe und Autor Peter Lauster  in den 70er Jahren:

„Von diesem Menschenbild der Angst…  müssen wir wegkommen, um überhaupt die Kraft zu finden, die gesellschaftlichen Organisationsformen in dieser Richtung zu verändern. Wer nicht davon überzeugt ist, handelt privat und politisch ganz anders, resignierter, egoistischer, isolierter.“ (1) 

Ich halte diese Aussage immer noch für zeitgemäß, da viele Menschen sich anscheinend ungern aus ihrer Komfortzone bewegen möchten oder sich von der Gewohnheit an alte Lebensrahmenbedingungen mit einem kollektiven, eingeprägten angstbesetzten Menschenbild verabschieden wollen. Es dauert eine gewisse Zeit bis wir Menschen, dann bereit sind die Tür für Neues zu öffnen. Bis wir uns,  ganz langsam, bewegen. Erstmal in Gedanken, zu dem Ort von dem wir ursprünglich kamen. Und wir erinnern uns - jetzt oder später - unseren wesentlichsten individuellen Fokus anzuvisieren: unsere ursprüngliche innerste Natur, unseren Seelenfunken oder heilen Wesenskern! Der sich natürlich entfalten darf, dem wahrhaftigem Leben vertrauend sowie authentisch anderen Menschen mit Klarheit, liebevollem Mitgefühl und Offenheit wertschätzend begegnen, sowie wach und verantwortungsvoll handeln kann. Das strahlt ein humanistisches Menschenbild aus!

Der Künstler Bruce Naumann brachte dies mit einer Videoinstallation zum Ausdruck:

 

     “The True Artist Helps the World by Revealing Mystic Truths”

Darunter verstehe ich auch: Revealing the spirit. Revealing your truth! Enthülle den Geist. Enthülle Deine Wahrheit. Wir erinnern uns, wer wir wirklich sind, was unsere innerste Natur als Mensch ausmacht und was wirklich langfristig heilsam wirkt.   

Die verschiedenen Formen der Kunsttherapie und die Kunstpädagogik können hierbei sehr unterstützend wirken, uns von belastenden Ereignissen, emotionalen Prägungen oder mentalen Einstellungen zu lösen und stattdessen verantwortungsbewusst unser Leben frei und kreativ zu gestalten. Was oder wen möchten wir in unser Leben einladen?

Und, wie jeder Einzelne für sich,  seine Einstellung zum Leben mit Entschlossenheit und Meinungsbildend neu gestalten kann, so meine ich, wird auch eine Wandlung unseres Gesundheitssystems folgen: Hier stehen baldige Veränderungsprozesse an, so dass sich unser Gesundheitssystem, das zur Zeit noch auf der pathogenen präventiven Struktur „Angst vor Krankheiten“  aufbaut, bald auf dem Fundament der „Salutogenese“ gründen wird. Denn Jahrzehnte alte und neue Erkenntnisse von wissenschaftlichen Studien zu nichtmedikamentösen Heilverfahren, dazu zähle ich auch die Kunsttherpie, können nicht mehr länger missachtet werden.

Passende kunsttherapeutische Begleitung bewirkt insbesondere durch ihre Resonanzphänomene und Imaginationsarbeit eine Bewusstseinsentwicklung durch Lösung belastender Muster, sowie eine erhöhte Wahrnehmungs- und Selbstregulationsfähigkeit. Und Selbstregulation spielt nicht nur in der Psycho-Onkologie eine zentrale Rolle, zu der wissenschaftliche Studien vorliegen, die ich näher beschreiben werde. Ebenso auch Anwendungsgebiete der Kunsttherapie, die über die *ICD-10-Störungsbilder hinausgehen.

Es kommt schon langsam etwas Wind auf, alter Staub weht davon … Es bewegt sich langsam, doch das Neue Menschenbild zeigt sich schon im Eingangsbereich. C.G. Jung würde vielleicht sagen: „Durch das Tor ins Kollektive Unbewusste eingetreten, um dieses zu durchdringen und zu transformieren!“

 Kunsttherapie ist in ihrer Psychodynamik eine starke Medizin für die Seele und für den Körper!

 

(1) Peter Lauster „Lassen Sie Ihrer Seele Flügel wachsen“(1978 – Seite 2)

*ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten)

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